Francesco Maniscalco schließt die unscheinbare Tür auf. Lautes Brummen dringt auf den Flur. Maniscalco betritt den Raum und wendet sich der Wand mit den Rohren zu. Er zapft ein wenig Wasser in ein Glas, hält ein Teststäbchen hinein und wartet konzentriert auf die Verfärbung. Der Abgleich mit der Farbskala zeigt: Alles in Ordnung, die Wasserhärte für den Küchenbereich stimmt. „Alle vier Wochen messen wir den Härtegrad des Wassers und geben Salztabletten in die Anlage.“
Francesco Maniscalco ist Haustechniker im Mannheimer LanzCarré. Es ist das größte avendi-Haus mit der meisten Technik und dem meisten Equipment. Die klassischen Hausmeistertätigkeiten gibt es hier auch, klar. Müll entsorgen, die Wohnbereiche mit Mineralwasser bestücken, kaputte Leuchtmittel austauschen, „ein bisschen kehren“, wie Maniscalco sagt. Das Bild vom Haustechniker, der mit leise dudelndem Radio in seinem Kellerkabuff sitzt und geduldig an etwas herumschraubt, ist allerdings heute nicht mehr aktuell. Die immer komplexere Technik einer Senioreneinrichtung erfordert immer spezialisierteres Wissen. Beispiel: die Türen. Mechanische Türen gibt es kaum noch. Diese musste man früher lediglich ölen. Die automatischen Türen heutzutage müssen elektronisch überprüft werden. Sie haben eigene Rauchmelder, die fehlerfrei funktionieren müssen. Darauf muss man sich verlassen können.
Hochspezialisierte Tätigkeiten und Standardarbeiten
Manches darf der Haustechniker nicht selbst warten. Dafür sind Fremdfirmen zuständig, spezielle Fachleute. Die Schwesternrufanlage ist so ein Beispiel. Sie läuft auf fünf Volt, eigentlich ein Fall für den Elektriker. Die Haustechnik darf lediglich eine Sichtprüfung durchführen. Im LanzCarré ist das anders. Denn durch seine Ausbildung darf Francesco Maniscalco Reparaturen bis 12 Volt vornehmen. Doch wenn wirklich der Wurm drin ist, kann er nur wenig ausrichten: „Am Tableau umschalten, resetten. Wenn das nicht hilft, holen wir den Elektriker.“ Wichtig für die Gewährleistung und die Versicherung – wenn kein Fachmann dran war, zahlt im Schadensfall eben niemand.
Die viele Technik im Haus ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht das Schleppen, Tragen, Räumen, Streichen. Denn auch in einer hochtechnisierten Einrichtung fällt Müll an, der weg muss. Maniscalco seufzt: „Wir haben einen viel zu kleinen Raum für zu viel Müll. Naja, das klappt schon irgendwie, das geht schon seit neun Jahren. Man darf es halt nicht schleifen lassen.“ Und natürlich muss das Mineralwasser auf die Wohnbereiche: „Manchmal legen wir 15.000 Schritte am Tag zurück! Die Wege sind wirklich sehr lang.“ Und natürlich müssen etwa Leuchtmittel ausgetauscht werden, in der Tiefgarage, die ebenfalls zum Haus gehört, oder auf den Wohnbereichen, in den Bewohnerzimmern.
Für die Kommunikation mit den Wohnbereichen nutzen Pflege und Haustechnik ein Reparaturbuch. Darin notiert der Wohnbereich genaue Anforderungen: Bei Frau Müller ist das Licht defekt. Die Haustechnik arbeitet das am gleichen Tag ab und setzt ein Häkchen. Einfach und effektiv.
Für die Außenanlagen im LanzCarré ist die Haustechnik nicht zuständig, das ist an eine Fremdfirma ausgelagert. In anderen avendi-Häusern ist das anders. Aber was wo auf welche Weise umgesetzt wird, weiß Maniscalco nicht. Denn einen Qualitätszirkel Haustechnik gibt es nicht. „Das liegt wohl daran, dass andere Häuser nur einen Techniker haben – wir sind drei“, bedauert Maniscalco. Einen Austausch wünscht er sich sehr: Best Practise könnte man teilen, gute Ideen weitergeben, Synergien nutzen.
Unterhaltungselektronik 2018
Eine neue Herausforderung für Maniscalco und sein Team ist die Kommunikationstechnik der Bewohner. Das Haus ist mit WLAN ausgerüstet. Vier oder fünf Bewohner besitzen schon eigene Computer oder Tablets. „Die sind alle fit“, sagt der Haustechniker. Für kleinere Computerprobleme steht er immer zur Verfügung. Zeigen, wie man sich ins Netz einwählt: kein Problem. Doch intensiveren Support kann er nicht leisten. „Das braucht der Bewohner privat, also muss er die Hausmeisterkosten für eine solche Leistung tragen. Es ist kein Service des Hauses!“
Unterhaltungselektronik wird für die Bewohner immer wichtiger – also auch für die Haustechnik. Gerade hat das Lanz- Carré den Fernsehempfang auf DVBT umgestellt. Ein großer Stressfaktor für die Bewohner: Plötzlich müssen sie mit zwei Fernbedienungen hantieren, was die meisten total überfordert. Ein Stressfaktor auch für die Haustechnik, denn die unterschiedlichen Fabrikate der Fernseher machen die neuen Einstellungen jedes Mal zu einem Abenteuer. „Das nächste wird E-Mail- Kommunikation sein, die die Bewohner vermehrt nutzen“, prognostiziert Maniscalco. „Skypen tun sie ja jetzt schon.“
„Wir sind sehr geschätzt“
Francesco Maniscalco liebt seinen Beruf. Am meisten liebt er die Menschen. „Mit den Bewohnern komme ich super klar, die sind sehr locker“, lacht er. Das größere Problem liefern manchmal die Angehörigen. Sie wollen das Allerbeste, vielleicht, weil sie ihr Gewissen beruhigen möchten – verstehen aber manchmal nicht, dass nicht alles möglich ist. Maniscalco berichtet von einem Erlebnis: „Ich habe bei einem Bewohner viele Bilder aufgehängt, sehr sorgfältig mit der Wasserwaage. Zwei Tage später kommt der andere Sohn und verlangt, dass wir die Bilder umhängen, das wäre so nicht in Ordnung.“ Konflikte untereinander würden auf dem Rücken des Mitarbeiters ausgetragen, das erlebe er oft, sagt er. „Wir arbeiten ja mit Menschen, nicht mit Autos.“
Richtig – die Autos hat er hinter sich gelassen. Von Beruf ist Francesco Maniscalco nämlich Kfz-Mechaniker. Das war ihm auf Dauer zu kalt und zu dreckig – und zu einsam. „Ich liebe Schrauben, aber ich liebe auch den Kundenkontakt.“ Über seine Mutter, die in einem Pflegeheim gearbeitet hatte, kam er in „die Pflege“ und blieb. Doch ein Teil seines Herzens hängt immer noch an Autos, besonders an Luigi. So heißt sein Fiat 500, der im vergangenen Jahr 50 Jahre alt geworden ist. Luigi steht mittelfertig auf Sizilien und wartet darauf, auch endlich so viel Zeit von Francesco Maniscalco zu bekommen wie die Senioren im Mannheimer LanzCarré.